Petra und Horst Engler

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WAS FÜR EINE ÜBERRASCHUNG

VOGEL DES JAHRES 2025 IST DER HAUSROTSCHWANZ

Seit 1971 wird vom NABU der „Vogel des Jahres“ gekürt, seit 2021 durch eine

öffentliche Wahl - das fünfte Mal inzwischen. Über 143.400 naturinteressierte

Menschen haben mit abgestimmt.

Zur Wahl standen die Waldohreule, der Schwarzspecht, der Schwarzstorch, der

Kranich und der Hausrotschwanz. Für viele überraschend hat der kleine Singvogel,

der Hausrotschwanz mit 30,2 % gewonnen. Dicht gefolgt von der Waldohreule mit

28,2 %. Der NABU berichtete von einem richtigen Kopf-an-Kopf-Rennen.

Mein Favorit war die Waldohreule. Ein nachtaktiver Greifvogel mit unglaublich

schönen Augen. Alle Kandidaten hätten den Titel verdient. Aber nur einer konnte

gewinnen. Der Hausrotschwanz genießt nun die besondere Aufmerksamkeit der

Menschen. In der Hoffnung, dass ihm das Dasein in unserer Umgebung erleichtert

wird.

Der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)

Er ist ein kleiner Singvogel (14 - 15 cm groß), der in den sehr frühen

Morgenstunden, schon vor Sonnenaufgang, als Erster mit seinem Gesang auf sich

aufmerksam macht. Da können Langschläfer mal schnell zum Frühaufsteher

werden.

Im Gegensatz zum Weibchen lenkt das Männchen unsere Blicke auf sich. Er hat ein

grauschwarzes bis rußschwarzes Gefieder und ein kleines helles, ja fast weißes,

Flügelfeld. Der Oberkopf ist etwas heller. Die Weibchen dagegen sind deutlich heller,

rundum graubraun - unscheinbarer. Der rote, eher rostorange Schwanz ist das

einzige gemeinsame Merkmal. Selbst die Jungen, wenn sie das erste Mal den

Sprung aus dem Nest wagen, haben bereits schon den auffällig roten Schwanz.

Doch vorsichtig. Der Hausrotschwanz wird oft mit einem nahen Verwandten, dem

Gartenrotschwanz verwechselt. Nur ein geschultes Auge kann die Weibchen

auseinanderhalten. Die Männchen unterscheiden sich deutlicher. Der

Gartenrotschwanz wirkt durch seine rostrote Brust und einem weißen

Übergangsstreifen im Gesicht viel bunter und heller.

Sind die Hausrotschwänze im Jagdmodus, zittern sie mit dem Schwanz und

knicksen auffällig dazu. Die Tiere sitzen gerne auf freistehende Erhöhungen -

Kirchtürme, Hausdächer, Zäune, Mauern und Schornsteine. Sie halten Ausschau

nach Nahrung. Einmal die Beute entdeckt, stürzen sie sich blitzartig von ihrem

Ansitz. Sie können aber auch fast wie ein Kolibri auf der Stelle fliegen, der

sogenannte Rüttelflug, um Insekten von Hauswänden, Bäumen oder in der Luft

einzusammeln.

Einst war der Singvogel in Südeuropa im Bergland zu Hause. Sie sind

Nischenbrüter. Bauen ihre Nester in Höhlen, natürlichen Ritzen und Nischen. Seit

250 Jahren ist er auch im Tiefland anzutreffen. Mit dem Städtebau nutzten die Vögel

die Gebäude als Brutmöglichkeit. Immer mehr Hausrotschwänze leben in

Menschennähe. Sie nutzen Mauernischen, Fassadenlöcher, sogar halboffene

Briefkästen als Nistmöglichkeit. Mittlerweile ist er auch in Industrieanlagen und auf

Bahnhöfen anzutreffen. Es sind die Weibchen, die die Nester ab Mai bauen und das

Brüten ihrer 4 bis 6, 2 cm großen, weißen Eier übernehmen.

Nach 14 Tagen, wenn die Jungvögel geschlüpft sind, füttern beide Elternteile etwa 2 Wochen lang die

Kleinen im Nest. Haben sie die Brutstätte verlassen, werden sie von den Eltern bis

zu 3 Wochen noch versorgt. Bis in den Juni hinein machen sie 2 bis 3 Bruten.

Wie lange noch wird der Hausrotschwanz ein Zugvogel sein?

Der Hausrotschwanz ist ein Zugvogel. Ein so genannter Kurzstreckenzieher. Sie

überwintern hauptsächlich im Mittelmeerraum, nördlich der Sahara - in der

Sahelzone. Bereits im Januar machen sie sich auf den Weg zu uns und sind im März

wieder daheim. Jedoch beobachtet man immer häufiger, dass die Hausrotschwänze

auch in Süddeutschland überwintern. Ich konnte in diesem Jahr noch Anfang

Dezember die Hausrotschwänze bei mir vor der Haustür beobachten und hören. Wie

das Rotkehlchen grenzt der Hausrotschwanz mit seinem Gesang im Herbst noch

einmal sein Revier ab. Mit dem stetigen Klimawandel wird es wohl nicht mehr lange

dauern, bis diese Vögel uns gar nicht mehr verlassen werden.

Ist der Hausrotschwanz gefährdet?

Er gilt nicht als gefährdet! Man hat aber festgestellt, dass die Bestände rückläufig

sind. Insekten und Spinnen stehen auf dem Speiseplan ganz oben. Mit dem

Insektensterben ist das Nahrungsangebot, vor allem für die Jungvögel, knapp

geworden. Wie auch bei vielen anderen Singvögeln verhungern einige Tiere schon

im Nest. Der NABU berichtet, dass durch Sanierungen von Gebäuden die Vögel

auch immer weniger Nistmöglichkeiten finden.

Auch Katzen erbeuten nicht selten die Jungtiere. Verlassen die Kleinen das Nest,

brauchen sie sehr lange bis sie flugfähig sind. Die Katzen haben es dann sehr leicht

Beute zu machen.

Wie können wir den Hausrotschwanz unterstützen?

Da gibt es viele grundsätzliche Maßnahmen, die gleich allen Vögeln helfen.

Gestalten sie einen insektenfreundlichen Garten, das kann auch ein Vorgarten sein.

Sie können wahre Wunder vollbringen. Es reicht schon oft eine Wiese mit

einheimischen Wildblumen anzulegen. Entsprechende Saatgutmischungen gibt es in

den Gartencentern. Bienen und Schmetterlinge werden ebenfalls von diesem

zusätzlichen Nahrungsangebot profitieren.

Nistkästen aufhängen. Der Hausrotschwanz bevorzugt einen Halbhöhlen-Nistkasten.

Diese sind bei den Baumärkten oder im Onlinehandel erhältlich. Man kann sie aber

auch selber bauen, vielleicht zusammen mit Kindern. Das macht Spaß und fördert

das handwerkliche Geschick. Eine Bauanleitung für einen Halbhöhlen-Nistkasten

gibt es beim NABU. Achten sie darauf, dass die Nistkästen für Mader und Katzen

nicht erreichbar sind. Meine Katze bekommt eine Ausgangssperre für ein paar Tage,

wenn die Vögel die Nester verlassen haben. Eine wirksame Maßnahme, auch wenn

das Katzengejammer dann sehr groß ist.

Überlegen sie, ob sie jedes Loch, jeden Riss in der Fassade zumachen müssen.

Beim Neubau von Gebäuden gibt es bestimmt die Möglichkeit, durch das Einbauen

von Nistbausteinen den Vögeln weiterzuhelfen.